Exkurs: Das vierfache Christusbild in den Evangelien:

1. Das Matthäusevangelium ist zuerst für judenchristliche Leser geschrieben. Es zeigt uns den Herrn Jesus als den verheißenen Messias und König der Juden. Jesu Majestät wird uns hier besonders offenbar. Das hier aufgeführte Geschlechtsregister führt über David auf Abraham zurück. Die Erfüllung des Wortes von der "...Herrschaft des Friedefürsten" wird gekennzeichnet (Jes 9,6 vgl. Sach 9,9; Jer 23,5; Jes 32,1). Darum finden wir im Matthäusevangelium die Gleichnisse vom Reich der Himmel (Mt 13; 22,1-14) und sehr oft das Wort "...auf daß erfüllt würde...": Mt 1,22; 2,15.17.23; 3,3; 4,4.7 u. a. m. Überhaupt hat Matthäus die meisten Zitate und Vergleiche aus dem Alten Testament (vgl. Jesu Bergpredigt. Mt 5-7).
In dem Evangelium des Matthäus (Levi), Mt 9,9-15, finden wir die meisten geordneten Gegenüberstellungen: 9 Seligpreisungen (Mt 5,1-12), 7 Weherufe (Mt 23), 3mal 14 Glieder im Stammbaum Jesu (Mt 1,17 vgl. Lk 3,23-38). Besonders charakteristische Stellen sind: Mt 2,2; 4,17; 27,37.

2. Das Markusevangelium ist zuerst für römische Leser geschrieben. Es zeigt uns den Herrn Jesus als den Knecht, der gesandt wurde, um ein besonderes Werk Gottes zu vollbringen. Daher, d. h. wegen seines Knechtseins, fehlt auch ein Geschlechtsregister. Doch ist dieser "Knecht" der Sohn Gottes (Mk 1,1).
Seine Macht über die Krankheiten, bösen Geister, die Naturkräfte und über den Tod wird bei Markus besonders hervorgehoben. Das Markusevangelium hat die ausführlichsten und meisten Wunderberichte. Die Taten des Herrn Jesus treten hier in den Vordergrund. Die "...starke Schulter" des "Knechtes Gottes" (Jes 9,6-7 vgl. Jes 42,1; Sach 3,8) wird uns hier gezeigt. Bei Markus ist das Wort "alsbald" sehr typisch (Mk 1,12.18.29.30.42; 2,2 u.a.m.). Es ist das kürzeste Evangelium. Die Kirchengeschichte macht deutlich, daß Markus niedergeschrieben hat, was er bei den vielen Lehrvorträgen des Simon Petrus, des Apostels der Tat und der schnellen Entschlüsse, gehört hat, so daß sich das Markusevangelium auf die Aussagen des Apostels Petrus stützt. (Die Fehler des Petrus werden hervorgehoben - vgl. der Verrat des Petrus - seine guten Eigenschaften treten zurück, vgl. das Bekenntnis des Petrus über die Gottessohnschaft Jesu Christi). Besonders charakteristische Stelle ist Mk 10,45.

3. Das Lukasevangelium, das längste Evangelium, hat als Empfänger den Griechen Theophilus (vgl. Apg 1,1). Der Schreiber, Lukas, der geliebte Arzt (Kol 4,4), und Mitarbeiter des Apostels Paulus (Phim 1,24), schildert uns den Herrn Jesus als den reinen und vollkommenen Menschensohn. Daher führt auch das angegebene Geschlechtsregister über David und Abraham auf Gott, den Schöpfer, zurück.
Die Gnade und die Barmherzigkeit des Herrn Jesus treten hier in den Vordergrund. Lukas, der Arzt, (Kol 4,14) bringt uns besonders das tiefe Mitgefühl des Herrn für das Leid, schildert uns am anschaulichsten die Krankheiten und den Verlauf der Heilung. Auch erfahren wir von ihm am meisten aus seinem Erdenleben (Geburt, Kindheit, Entwicklung, Gebetsleben). Deutlich erfüllt sich hier das Wort: "Uns ist ein Kind geboren, sein Name ist Wunderrat" (Jes 9,6; vgl. Sach 6,12). Die Weltweite der Siegesbotschaft vom Kreuz wird hier deutlich betont. Charakteristische Stellen sind: Lk 4,18-19; 19,10.

4. Das Johannesevangelium zeigt uns den Herrn Jesus als den Sohn Gottes, den Ewigen vom Vater. Er heißt: "Ewig-Vater", "ein Sohn ist uns gegeben" (Jes 9,6-7 vgl. 4,2; 40,9-10). Seine himmlische Herkunft und Verbindung mit dem Vater werden besonders gekennzeichnet. Taten und Wunderberichte treten hier zurück. Johannes wählt jedoch 8 besondere Wunder als "Zeichen" aus. In Zwiegesprächen werden uns Begriffe, wie Glaube, Geist, Licht, Leben, Wahrheit u. a. erklärt. Typische Stellen: Joh 20,28.31; 3,16; 4,24; 17,3.17; 18,37-38; 1,5.9.14; 8,12 vgl. auch Johannesbriefe.
Nur Johannes berichtet die großen "Ich bin" Aussagen Christi (Joh 6,35; 8,12; 10,7.11, 11,25; 14,6). Ebenso berichtet Johannes am ausführlichsten über die Auseinandersetzungen zwischen dem Herrn Jesus und seinen Feinden (Joh 7-12).